Giftige Widderchen

Zygaena filipendulae und Zygaena purpuralis/minos, Kaiserstuhl, Juni
Zygaena filipendulae und Zygaena purpuralis/minos, Kaiserstuhl, Juni

Punkte, Streifen oder goldumrandete Flecken: Auffällig sind sie alle, die Arten der Gattung Zygaena (Widderchen oder Blutströpfchen), giftig und wenig schreckhaft.

Potenziellen Fressfeinden wird durch die kontrastreiche Färbung signalisiert: Friss mich nicht, ich bekomme Dir nicht! Wer es doch versucht, bekommt es mit Blausäure (Cyanwasserstoff, HCN) zu tun. Die Warnung wirkt, Widderchen sind herrlich entspannte Falter, die auf artenreichen Wiesen auf violetten Blüten (Knautien, Skabiosen, Flockenblumen und Disteln) zu finden sind. Mit der Zeit und dem Alter bleichen die Farben etwas aus - vermutlich funktioniert die Warnung an Vögel und andere Räuber aber immer noch ganz gut.

Woher die Blausäure kommt, ist gut erforscht: Zum einen nehmen Widderchen im Raupenstadium cyanogene Glycoside über ihre Wirtspflanzen, unterschiedliche Schmetterlingsblütler, auf. Den Pflanzen dienen diese Glycoside als (nicht ganz perfekter) Fraßschutz. Außerdem können die Raupen selbst cyanogene Glycoside produzieren - über einen sehr ähnlichen Syntheseweg wie den der Pflanzen. Niels Bjerg Jensen et al. zeigten, dass es sich hier um eine konvergente Evolution handelt, bei der es sowohl in Pflanzen als auch in den untersuchten Insekten, Zygaena filipendulae, jeweils nur drei Gene sind, auf denen die Biosynthese der cyanogenen Glycoside beruht, und dass in beiden Fällen multifunktionale P450-Enzyme eine entscheidende Rolle spielen. Besonders wichtig ist die Fähigkeit, die Glycoside selbst herzustellen, für diejenigen Arten, die wie Zygaena purpuralis und Zygaena minos nicht-giftige Wirtspflanzen (Thymian und Bibernelle) nutzen.

Die cyanogenen Glycoside selbst sind nicht giftig, Blausäure entsteht erst, wenn sie enzymatisch gespalten werden. Ziel für die Raupen ist es also, die pflanzlichen Glycoside intakt zu halten und darüber hinaus noch im eigenen Körper zu speichern. So ganz einfach ist das jedoch nicht, wie eine Studie von Stefan Pentzold et al. zeigt:  Raupen des Sechsfleck-Widderchens, Zygaena filipendulae, kombinieren eine ganze Reihe von Maßnahmen, um die toxische Hydrolyse der Glycoside in ihrem Körper zu verhindern.  So spielt eine hohe Fraßrate ebenso eine Rolle wie die Art und Weise des Fraßes; die alkalische Umgebung im Darm der Raupen reduziert die enzymatische Aktivität der aufgenommenen pflanzlichen Glycosidasen (Enzyme, die Glycoside spalten), und die insekteneigenen Glycosidasen spalten die pflanzlichen Glycoside nicht.