Frühlingsboten

Vorfrühling: Aprikosenblüte und Gehörnte Mauerbiene (Osmia cornuta). Nach den Schneeglöckchen und zusammen mit Krokussen und ersten Kissenprimeln blüht der Aprikosenbaum in meinem Garten: Er steht an einer warmen Südostmauer und blüht bereits ab Ende Februar, spätestens Anfang März. An dieser Wand sind Nisthilfen (hohle Stängel und Bienensteine) angebracht - aus denen zur Aprikosenblüte die gehörnte Mauerbiene, Osmia cornuta, schlüpft. Links im Bild ein frisches geschlüpftes Männchen, dessen Mesonotum noch ganz eingestäubt ist vom soeben durchbrochenen Lehmverschluss der Brutzelle.

Osmia cornuta ist eine synanthrophe Art, d.h. sie kommt vor allem im menschlichen Siedlungsbereich vor. Außerdem sind ihre Kokons bei kommerziellen Anbietern erhältlich und werden in Obstplantagen eingesetzt: Für frühblühendes Steinobst, bei Temperaturen, die Honigbienen nicht liegen, sind Gehörnte Mauerbienen gefragte Bestäuber. Im Bild links unten gut zu erkennen: Die namensgebenden Hörner des (größeren) Weibchens und die weiße Gesichtsbehaarung des Männchens. Unten rechts sonnt sich der Trauerschweber Anthrax anthrax auf einer Erdbeerblüte: Seine Larven parasitieren die Larven der Mauerbienen.


Erstfrühling: Johannisbeerenblüte und Fuchsrote Sandbiene (Andrena fulva). Johannisbeeren und Stachelbeeren blühen zwar später als die Aprikose, kalt und ungemütlich kann es aber auch Ende März und bis Mitte April noch sein - und Honigbienen sind dann kaum unterwegs. Dafür jedoch die sehr auffällige Fuchsrote Sandbiene, Andrena fulva, deren Weibchen auf schwarzem Grund fuchsrot bepelzt sind. Andrena fulva nistet im Boden und braucht vegetationsfreie Stellen oder löchrigen Rasen - ob und wo genau sie in meinem Garten oder in Nachbargärten nistet, bleibt zu entdecken. Sie ist polylektisch, aber besonders gerne mag sie die Blüten von Stachelbeeren und Johannisbeeren ("Träuble" in meinem schwäbischen Heimatdialekt). Träuble verbinde ich mit dem großen Obstgarten meiner Großeltern und kann nun in meinem eigenen Garten nicht genug davon bekommen: Die ganze Farbpalette roter, weißer und schwarzer Träuble, außerdem grüner, roter und gelber Stachelbeeren sind im Garten verteilt.  Träubleskuchen (aus den roten Johannisbeeren) gibt es ab Mitte Juni - hier im Rheinland werden die Träuble schon etwas vor dem Johannistag reif. Im Garten im April ebenfalls zu sehen ist eine große Wespenbiene (Bilder 3 und 4). Größe und auffällig schwarz-rot-gelbe Färbung weisen auf die bei Andrena fulva parasitierende Kuckucksbiene Nomada signata hin.


Vollfrühling: Kohlblüte und Frühlingspelzbiene (Anthophora plumipes). Seit ein paar Jahren blüht im Garten ab Mitte April der Kohl: Mehrjähriger Wildkohl (Brassica oleracea spp. oleracea) und toskanischer Palmkohl (Brassica oleracea palmifolia), der hier im Rheinland im Winter nicht erfriert, auch wenn es einmal Minusgrade gibt. Nicht alle Palmkohlpflanzen sterben im zweiten Jahr nach der Blüte ab, wie es für gezüchteten Kohl üblich ist: Einige Pflanzen erinnern sich ihres wilden Ursprungs und wachsen einfach weiter.

Die Frühlingspelzbiene, Anthophora plumipes, ist ab April häufig im Garten und sammelt Pollen an vielen unterschiedlichen Blüten - sobald der Kohl blühlt, lässt sie jedoch vieles andere links liegen. Ihr Flug ist schnell und hektisch - und damit dann doch ganz anders als bei einer Hummel. Die Weibchen kommen in einer dunklen und einer hellen Form vor. Die eigentlich seltene dunkle Form beobachte ich bislang in meinem Garten recht häufig - was an der Biene oder an mir liegen kann.


Vollfrühling: Zaunwicke mit Mai-Langhornbiene (Eucera nigrescens) und Zaunwicken-Sandbiene (Andrena lathyri). Im Mai hat die Zaunwicke, Vicia sepium, ihren Auftritt in Fettwiesen und Straßengräben, entlang von Wegen und - natürlich - Zäunen. In meinem Garten habe ich sie über ein paar unterwegs gesammelte Samen erfolgreich im Kräuterbeet und zwischen den Himbeeren und Johannisbeeren angesiedelt. Ihre Blüten und jungen Sproßtriebe bringen einen zarten Erbsengeschmack in Frühlingssalate und auf Käsebrote - man muss nur vorher die Ameisen gründlich abschütteln, die vom süßen Saft der außerhalb der Blüte liegenden Nektarien (bei Zaunwicken auf den Nebenblättern) angezogen werden. 

Dass ich damit die in NRW eher seltene Mai-Langhornbiene, Eucera nigrescens (laut Roter Liste NRW stark gefährdet in der Region Eifel/Siebengebirge), in meinen Bonner Stadtgarten locken konnte, hat mich überrascht. Eucera nigrescens ist oligolektisch auf Schmetterlingsblütler spezialisiert und hat dabei noch eine besonderen Vorliebe für Zaunwicken. Deren Blüten esse ich jetzt nicht mehr, sondern überlasse sie ganz den Langhornbienen.

Rechts im Bild ein Weibchen bei einer kurzen Rast auf einem Huflattichblatt - mit kurzen Fühlern, die langen Fühler hat nur das Männchen. Ältere Tiere sehen eher grau aus - die ursprünglich braune Färbung des Thorax bleicht mit der Zeit aus. Unten Fotos 1-4: Weibchen mit ihren deutlich kürzeren Fühlern und den unterbrochenen weißen Haarbinden der letzten Tergite. Fotos 5-8: Männchen mit ihren langen Fühlern; auch sie halten sich gerne an Zaunwicken auf und holen sich dort Nektar.

 

Die Zaunwickensandbiene (Andrena lathyri) ist ebenfalls ganz auf Wicken und Platterbsen fixiert - und auf Zaunwicken ist sie neben der Mai-Langhornbiene aktiv an den Blüten - nicht in meinem Garten, aber unterwegs am Mittelrhein sehe ich sie häufig an Zaunwicken. Sie ist ein Nektarräuber: Ihr Rüssel ist recht kurz, deshalb schlitzt sie die Blüten seitlich auf, um an den Nektat zu kommen - und das machen sowohl die Männchen als auch die Weibchen.