Erdbeerbaum und Dunkle Erdhummel

Wenn ab Oktober die roten Beeren reif werden, öffnen sich auch die weißen Bütenglocken des Erdbeerbaums (Arbutus unedo) - und bekommen Besuch von tief brummenden Königinnen der Dunklen Erdhummel (Bombus terrestris). Hier im Rheinland folgen die Erdhummelköniginnen nicht der reinen Lehre, nach der im Herbst ein geschütztes Quartier zu suchen und Winterruhe zu halten ist: Bis spät in den Dezember versorgen sie sich mit Nektar und Pollen am Erdbeerbaum. Üblich bei Hummeln ist ein so aktives Verhalten im Herbst bislang weiter im Süden, wo Pflanzen und Insekten an eine winterliche Vegetations- und Blüteperiode angepasst sind. Für den Mittelmeeraum wird beschrieben, dass die Herbstgeneration der Erdhummeln auf die Blüte des Erdbeerbaums angewiesen ist (An overview of the Bombus terrestris (L. 1758) subspecies (Hymenoptera: Apidae). Auch aus England sind winteraktive Erdhummeln bekannt: Das Pollen- und Nektarangebot von Gartenpflanzen wie Arbutus und Mahonie ermöglicht im milden Süden des Landes und dort in Siedlungsbereichen eine zweite Hummelgeneration. Vermutlich müsste dies auch in Irland der Fall sein, wo der Erdbeerbaum im Südwesten heimisch ist. In Bonn sind die Erdbeerbaumblüten immerhin eine Nektar- und Pollenquelle, die von Königinnen genutzt wird, solange das Wetter noch warm genug ist. Unten rechts zu sehen ist eine Königin mit Pollenvorrat im Körbchenam Hinterbein. Die Königin daneben, Mitte rechts, ist von Milben befallen.

 


Arbutus unedo, Garten in Bonn
Arbutus unedo, Garten in Bonn

Erdbeerbäume sind immergrüne Sträucher und kleine Bäume, die zur Familie der Heidekrautgewächse (Ericaceae) gehören - daher auch die Blütenähnlichkeit zu Heidelbeeren, Preiselbeeren und zum Heidekraut. Mit ihnen teilt sie auch ihre Bodenansprüche: leicht sauer, gerne auch sandig - aber nicht kalkhaltig. Der Westliche Erdbeerbaum, Arbutus unedo, kommt von Portugal über Spanien, Italien und Frankreich bis ins südwestliche Irland vor. In Portugal wird aus den reifen Früchten Schnaps gebrannt, Aguardente de Medronho, auf Sardinien schätzen die Imker die herbstliche Blüte für ihre Bienenvölker und gewinnen Miele de Corbezzolo, Erdbeerbaumhonig, in Frankreich und in Spanien finden sich Rezepte für Marmelade und Gelée, und das Stadtwappen Madrids bildet ein Bär und ein Erdbeerbaum, El oso y el madroño. Die Früchte sind direkt vom Baum essbar, begeistern aber nicht: sie haben wenig Geschmack und eine ungute Textur aus mehligem oder matschigem Fruchtfleisch und körnig-rauer Schale. Im östlichen Mittelmeerraum findet sich Arbutus andrachne, der Östliche Erdbeerbaum - mit etwas größeren Früchten und zimtfarbener, sich abschälender Rinde. Ein schönes Exemplar wächst in der Kölner Flora (siehe Fotogalerie unten).

Mein Erdbeerbaum war ein Abschiedsgeschenk nach einem dreimonatigen Praktikum im Botanischen Garten in Zürich, Ende der 80er Jahre, wo ich am liebsten im mediterranen Hang unterhalb der Uni-Cafeteria gearbeitet hatte. Meine Eltern kümmerten sich liebevoll gut fünfzehn Jahre um ihn, bis ich in Bonn mit Garten sesshaft wurde. Für mich ist der Erdbeerbaum also eng mit Zürich verbunden - und später mit Sommern in der Aquitaine und sandigen Zeltplätzen hinter den Dünen, glücklichen Kindern nach dem Surfen, Radfahren durch trockene Kiefern- und Korkeichenwälder; er ist verbunden mit stürmischen Herbstwanderungen in der Bretagne und mit Fahrradtouren im Süden Irlands.